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Las Toreras

Von

Jackie Brutsche

Dokumentarfilm

Kino

102

Min

Format

HD, DCP 1.85:1, 25fps, Quicktime

Ton

Digital 5.1

Land

Schweiz, Spanien

Sprachen

Schweizerdeutsch, Spanisch

Untertitel

Deutsch, Englisch

Synopsis

Trotz einer schweren Kindheit hat Jackie ihr Glück als Künstlerin gefunden. Als sie die dunkle Vergangenheit einholt, macht sie sich mit ihrer Kunstfigur Jack Torera auf den Weg, um das Unglück ihrer psychisch kranken Mutter zu enträtseln, das ihre Kunst inspiriert, aber ihre Familien in der Schweiz und in Spanien entzweit hat. «Las Toreras» ist ein Film über Versöhnung und den Mut und die Kraft sich familiären Tabus zu stellen.

In «Las Toreras» gehe ich der bruchstückhaften und verborgenen Geschichte meiner spanischen Mutter Carmen auf den Grund. Vor über 30 Jahren nahm sie sich das Leben, ich war damals zehn Jahre alt. Dieser frühe Schicksalsschlag hat meinem Leben eine Richtung gegeben und in meiner Kunst habe ich einen positiven Umgang damit gefunden und konnte daraus schöpfen. Ohne die ganze Geschichte selber zu kennen, sie offenzulegen oder dem Publikum zumuten zu wollen. In meiner Familie hat man niemehr über meine Mutter und ihre psychischen Probleme gesprochen, Schuldzuweisungen lagen in der Luft und heiklen Themen ging man aus dem Weg. Irgendwann blockierten mich die vielen offenen Fragen und ich wollte nicht länger im Unwissen leben und meine wichtigste Geschichte verbergen. Mit diesem Film wollte ich mit der schmerzlichen Wahrheit umgehen und zeigen, dass es sich lohnt - auch Jahrzehnte später - sich ihr zu stellen.

Es war ein langer Prozess bis ich verstand, wessen Geschichte ich erzählen musste. Lange standen der Suizid und die tragische Lebensgeschichte meiner Mutter im Vordergrund, genauso wie im richtigen Leben: Es sind verborgene, unverarbeitete Familiengeheimnisse, die nächste Generationen überschatten und sie daran hindern, ihre eigene Geschichte zu kennen und zu erzählen. Ich realisierte, dass ich meine positive Geschichte im Umgang mit dem Schicksal meiner Mutter mit meiner Kunst erzählen musste, um mich ihrer tragischen Geschichte anzunähern. In meinem Film kann man nachspüren, wie ich aus diesem Schatten hervortrete, wie ich von einer Unwissenden zu einer Wissenden und Übermittlerin von schmerzlicher Wahrheit werde und wie ich und meine Familie damit umgehen.

Die Entdeckung meiner Familiengeschichte und die damit verbundene Reise waren überwältigend. Meine Familie zeigte viel Offenheit und mehr Direktheit als erwartet. Ich wurde mit absurden, schweren Vorwürfen gegen meinen Vater konfrontiert und mit gegensätzlichen Ansichten darüber, wie meine Mutter unglücklich und krank wurde. Nach den Interviews kehrte ich mit Unmengen von Erinnerungsfetzen und Geschichten nach Hause zurück, wild durcheinander erzählte Varianten ihres Lebens. Es begann eine akribische Detektivarbeit: das Sortieren und Einordnen von Unmengen an Informationen anhand von Tagebüchern und Briefen in eine chronologische Zeitleiste, auf der Suche nach Erklärungen und der Wahrheit.

Aber ich erkannte, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Unzählige Einflüsse, Entscheidungen, Umstände, Zufälle und Verbindungen formen das Leben. Dieses komplexe Zusammenspiel ergibt für jeden mit einer anderen Perspektive eine andere Geschichte und Wahrheit. Im Film war es mir wichtig diese Komplexität zuzulassen und dem Publikum zuzumuten. Wir Menschen suchen oft nach einfachen Erklärungen in einer äusserst komplexen Welt. Es erfordert Mut und anhaltende Anstrengung, die eigene Meinung ständig zu hinterfragen und anzupassen, unter der Annahme, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt, sondern vielleicht so viele wie Menschen. Eine offene und nie abgeschlossene Betrachtung ist entscheidend, um Geschichte zu verarbeiten und zu verstehen, um Tabus zu überwinden und Konflikte zu lösen.

Mit diesem Film war es mir sehr wichtig, den Menschen hinter der psychischen Krankheit zu zeigen, was Betroffene durchmachen und wie sich die schwer fassbare und stigmatisierte Krankheit schleichend auf ihren Lebensweg und ihr Umfeld auswirkt. Während meiner Recherchen erlangte ich ein tiefes Verständnis für psychische Erkrankungen. Menschen wie meine Mutter mit wahn- und zwanghaften Störungen entwickeln oft ein großes Misstrauen gegenüber ihren engsten Angehörigen, die sich um sie kümmern. Sie sehen diese zum Beispiel als Einsperrer oder Feinde, die sie in Kliniken stecken oder zwingen, Medikamente zu nehmen, weil die Betroffenen von ihnen abhängig sind. In Verbindung mit den Schilderungen meines Vaters und Mutters Texten, wurde mir das Bild der spanischen Verwandten endlich erklärbar. Die psychische Erkrankung meiner Mutter hatte durch Unwahrheiten einen unentdeckten Scherbenhaufen in meiner Familie hinterlassen, den ich in Ordnung bringen musste.

Im Laufe der Arbeit an diesem Projekt habe ich auch viel Schönes über meine Mutter erfahren und erkannt, dass uns mehr verbindet als mir bewusst war. Die Kreativität, die Willensstärke und der Wunsch nach Unabhängigkeit waren bei ihr genauso vorhanden wie bei mir. Doch waren ihre Möglichkeiten zur Entfaltung viel eingeschränkter als meine. Ich werde nie vollständig wissen, wer meine Mutter wirklich war und was mit ihr geschehen ist. Am Ende ist dieser Film meine persönliche Interpretation ihrer Geschichte, basierend auf vielen Puzzleteilen, die ich zu einem möglichst wahrheitsnahen und sinnvollen Bild zusammengefügt habe. Doch ich habe erkannt, dass viel wichtiger als die genaue Wahrheit zu kennen, die Tatsache ist, dass ich auf diesen Weg gehen konnte, dass ich den Mut aufgebracht habe, die Fragen zu stellen und mir meine eigene Meinung zu bilden. Auf diese Weise konnte ich Carmens Geschichte abschliessen und ihr einen würdigen Platz in diesem Film geben. «Las Toreras» sind unsere beiden Geschichten die zusammenkommen: Zwei mutige Frauen, die gegen das Unglück kämpfen und ihr Schicksal an den Hörnern packen.

Die Auseinandersetzung mit meiner Mutter und ihrer Geschichte brachte mir, meiner Familie und Nahestehenden sowohl Erkenntnis als auch Versöhnung. Es war ein Prozess der Verarbeitung, des Loslassens und des Abschliessens, ein Weg des Verstehens und des Respekts vor Carmens Lebensgeschichte, die uns alle geprägt und berührt hat. Durch meine Familiengeschichte hoffe ich, in komprimierter Form das zwischenmenschliche Universum des Menschen darzustellen – unseren Umgang miteinander, unsere Tabus und die gesellschaftlichen Zwänge und Erwartungen. Ich hoffe, dass der Film Menschen und Familien mit unverarbeiteten Geschichten helfen und inspirieren kann, sich auf diese Reise zu begeben. Und ich erhoffe mir, dass mein Film eine Ermutigung darstellt, sich bewusst mit den Schattenseiten des Lebens auseinanderzusetzen, denn da gibt es nicht nur zu verlieren, sondern auch viel zugewinnen.

"Las Toreras" ist bei Weitem das persönlichste und bedeutendste Werk in meinem bisherigen Leben. Es brachte schmerzhafte und fantastische Erfahrungen gleichermassen mit sich, die mich alle bereichert haben. Ich habe unglaublich viel gelernt und bin überaus dankbar für diese einzigartige Chance und die wertvolle Reise. Diese wäre ohne das Vertrauen meiner Familie, meines Umfelds und die immense Unterstützung und das Durchhaltevermögen der Produktion und der Filmcrew nicht möglich gewesen.

Jackie Brutsche

                                           

                           

                   

   

Crew

Regie

Jackie Brutsche

Drehbuch

Jackie Brutsche

Kamera

Filip Zumbrunn, Gion-Reto Killias

Musik

Balz Bachmann

Ton, Sound

Olivier JeanRichard

Montage

Gion-Reto Killias, Jackie Brutsche

Picture Design

Peter Guyer

Produktion

Madeleine Corbat, Peter Guyer, Franziska Reck

Weitere Crew Mitglieder

Sounddesign & Mix
Peter von Siebenthal, Kathleen Moser, Anna Bühlmann, Projektstudio GmbH

Cast

Juan José Andrés

Eloisa Andrés-Sanchez

Angel Andrés

Berthe Stark

Carla Brutsche

Juan Pablo Brutsche

Paul Brutsche

Jackie Brutsche

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Festivals

2023

Zurich Film Festival

Weltpremiere Las Toreras

02.10.2023

Zürich

Schweiz

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Awards

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