Als ich vor fünf Jahren eine Stepptanzschule für Tänzer und Tänzerinnen ab 60 Jahren besuchte war ich fasziniert. Da schlagen die 60-90-jährigen mit ihren Füssen leidenschaftlich einen Takt auf den Boden. Was ist es, das die Menschen dazu bringt, mit soviel Freude auf den Boden zu stampfen?
Ich habe dieses Aufstampfen in schweizerischen Tänzen gesucht und habe den Volkstanz in der Innerschweiz entdeckt. Tanzformen wie Bödelen und Gäuerlen sind in der Schweiz kaum bekannt, obwohl sie unserem eigenen Kulturraum entstammen. Erst in den letzten Jahren hat als Folge von Globalisierung und «westlicher Einheitskultur» eine Rückbesinnung und Wiederentdeckung der Volkskultur stattgefunden. Ich habe versucht, einige dieser «Schätze dieser primitiven Volkskultur» zu sammeln, bevor sie ganz durch die Modernisierung verloren gehen. Es bestehen unterschiedliche Meinungen darüber, ob der Volktanz in seiner ursprünglichen Form erhalten bleiben soll oder ob und wie er sich weiterentwickeln soll und muss. Für die «Modernisierer» darf der Volkstanz nicht museal erstarren, für die «Traditionalisten» nicht als Publikumsshow und Wettkampf missbraucht werden. Ich habe im «Bödälä – Dance the Rhythm» Tänzerinnen und Tänzer gesucht, die sich innerhalb dieses Spannungsfeldes bewegen.
Wenn wir die vier Tanzformen im Film anschauen stellt sich schnell die Frage, was ist Tradition und wie gehen wir als moderne Menschen damit um. Mit dem archaischen Bödeler, den Tänzern in ihren Trachten, sind wir am nächsten beim ursprünglichen Volkstanz. Wir spüren das rituelle beim wiederholten Aufschlagen der Schuhe, die sich im Kreis bewegen. Mit jeder weiteren Tanzform entfernen wir uns ein wenig mehr von der Wurzel des Tanzes. Wenn die Tänzerin beim irischen Tanz an der Weltmeisterschaft tanzend und springend an ihre Grenzen geht, erinnert das an Wettkampf und Leistungssport. Wenn die Stepptänzer im Glamour-Kostüm ihre komplizierten Schritte und Figuren synchron tanzen sind wir mitten im Showtanz und wenn die Flamencotänzerin ihr Xala, den akustischen Boden, im Turbinenraum des Grimselkraftwerkes tanzend bespielt, spüren wir das Meditative und den Kunstgeist dieser Aufführung. Trotzdem ist bei jeder Tanzrichtung der Ursprung spürbar.
Tanzformen, welche nicht dem Ballett oder dem Modern Dance angehören, werden oft als unwichtig in Ästhetik und Schönheit eingestuft und erhalten weniger Anerkennung. Dabei sind Tänze wie Ballett noch sehr jung im Gegensatz zu den «primitiven, natürlichen» Volkstänzen. Der Volkstanz ist voll Energie und Kraft. Egal in welcher Form die im Film portraitierten Tänze ausgeführt werden, ihre Ursprünge sind spürbar und haben mit ihrem lauten Aufstampfen auch heute noch etwas Archaisches und treffen einen Nerv in unserem Innersten.